Biokompatiblität

Einleitung


Kein Gegenstand in unserem Alltagsleben ist derart direkt mit dem Inneren unseres Körpers verbunden und gleichzeitig soviel aggressiven äußeren Einflüssen ausgesetzt wie der Zahnersatz. Der, der ihn trägt, hat ihn unweigerlich jeden Tag, festsitzenden Zahnersatz wie Kronen oder Brücken auch jede Nacht im Mund - und das über Jahrzehnte.


Nun werden in letzter Zeit immer wieder zahnärztliche Materialien in Zusammenhang mit vielfältigen Krankheitsbildern gebracht. Vor allem die Diskussionen um Amalgam und Fluoride hat ein großes Interesse, aber auch andere zahntechnische Werkstoffe wie Gussmetalle und Kunststoffe sorgen immer wieder für Besorgnis bei betroffenen Patienten.



Physische und psychische Aspekte


In einer Zeit, in der Meldungen über Schadstoffbelastungen sowohl in unserer Umwelt als auch in Kleidung und Nahrung schon fast zu unserem Alltag gehören, hat sich eine veränderte Wahrnehmung bei uns entwickelt.

Den damit verbundenen Bedrohungen und dem Gefühl der Ohnmacht fühlen wir uns hilflos ausgeliefert. Für mögliche Risiken, die von Dentalmaterialien ausgehen, sind wir deshalb auf ganz natürliche Weise sensibilisiert, auch wenn anerkannte Institutionen, wie z. B. Krankenkassen, mit Recht behaupten, dass für eine konkrete Bedrohung keine wissenschaftlichen Beweise vorliegen. Bei den Kassen als auch bei Zahnärzten und anderen Heilberufen sind Dentalmaterialien mittlerweile ein Reizthema.


Der Patient steht dabei als Betroffener natürlich im Fokus. Hinzu kommt, dass unsere Mundhöhle und unser Gebiss psychisch stark 'besetzt' sind. Schließlich sind unsere Zähne nicht nur Kau- und Beißorgane, sondern symbolisieren auf der psychischen Ebene Kraft, Gesundheit und Schönheit. Der Konflikt, sich zahnärztliche Maßnahmen mit Vergiftungen zu erkaufen, stellt für den Zahnarzt und den Patienten eine nur schwer zu bewältigende Herausforderung dar.



Amalgam


An vorderster Front stehen sicherlich die als Füllungsmaterial verwendeten Amalgame, die auf Grund Ihrer Zusammensetzung (hauptsächlich Quecksilber) schon seit der Einführung dieses Material vor beinahe 170 Jahren in Wissenschaft und Öffentlichkeit in der Diskussion stehen.


Obwohl keine abgesicherten Hinweise auf die Existenz eines Krankheitsbildes 'Amalgamvergiftung' vorliegen, empfahl das Bundesgesundheitsamt (BGA) vorbeugend, die Quecksilber-Belastung der Bevölkerung durch eine Verringerung der Amalgamverwendung zu reduzieren. Insbesondere riet das BGA bei Schwangeren, bei Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen und bei Kleinkindern von einer Versorgung mit Amalgam ab. Es wurde aber seitens des BGA mehrfach betont, daß keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, die den Verdacht eines gesundheitlichen Risikos durch Amalgam begründen.



Kunststoffe


Kunststoffe haben in der Zahnheilkunde eine große Bedeutung erlangt. Zur Anwendung kommen meist so genannte Komposit-Kunststoffe, die im wesentlichen aus polimerisierbaren, hydrophoben (Wasseraufnhmenden) Kunstharzen, Füllkörpern und Verbundstoffen bestehen. Kunststoffe können als plastische oder feste Füllungsmaterialien wie auch als Befestigungsmaterialien, zum Beispiel für keramische Restaurationen, eingesetzt werden.


Dentale Kunststoffe werden aus einer plastischen Konsistenz zu den gewünschten Bauteilen ausgehärtet, der Fachmann spricht von Polimerisation. Nach dieser Aushärtung hat der Kunststoff zwar seine endgültige Form erreicht, dennoch finden auch noch längerfristig chemische Umwandlungsreaktionen statt. Auch die in den Kompositen verwendeten Zusatzstoffe können chemische Komponenten enthalten und später freigeben, die sich unter Umständen schädlich auf den Organismus auswirken.


So wurden zahnärztliche Kunststoffe unter anderem für folgende Erkrankungen - in alphabetischer Reihenfolge - verantwortlich gemacht: Allergien, Antriebs- und Denkstörungen, Darmerkrankungen, Dermatosen Krebs, Lymphknotenschwellungen, psychische Erkrankungen. Ähnlich wie beim Amalgam ist die Vielschichtigkeit der befürchteten Krankheitsbilder auffallend.


Eventuelle allergische Reaktionen müßten nicht unbedingt zu erkennbaren lokalen Reaktionen führen, sondern könnten im Sinne von Fernwirkungen an anderen Stellen des Körpers in Erscheinung treten. Der Zusammenhang zu einer zahnärztlichen Behandlung dürfte damit oftmals nicht direkt feststellbar sein. Es bestehe die Gefahr, daß durch künftig schwer diagnostizierbare, chronische Krankheitsbilder mit vielfältigen klinischen Erscheinungsformen zunähmen.


Dennoch muß festgestellt werden, daß es bislang keine überzeugenden Beweise dafür gibt, daß das Risiko systemischer Nebenwirkungen bei dentalen Kunststoffen geringer ist als beim Amalgam. Es bestehen vielmehr ernstzunehmende Hinweise dafür, daß das Gegenteil zutrifft. Kunststoffe werden deshalb von der Bevölkerung (noch?) weitgehend akzeptiert. Die 'natürlich' aussehenden Kunststoffe werden zur Zeit in der Zahnarztpraxis als angebliche 'Biowerkstoffe' massenhaft zum Austausch von Amalgamfüllungen eingesetzt.



Reines Gold und Gußmetalle aus Legierungen


Reines Gold wird in der Zahnheilkunde nur noch selten eingesetzt. Meist kommen Legierungen zur Anwendung, die in Edelmetall- und Nichtedelmetall-Legierungen unterteilt werden. Als besonders hochwertig gelten die sogenannten hochgoldhaltigen Legierungstypen, die mindestens zu etwa 70 Prozent Gold enthalten. Weitere Bestandteile sind unter anderem Silber, Palladium und Platin, die in wechselnder Zusammensetzung die werkstoffkundlichen Eigenschaften beeinflussen. Gold und Goldlegierungen gelten gemeinhin als biokompatibel und ungiftig. Diese Vorstellung muß jedoch differenziert werden.


Auch gegen Dentalgold oder Goldlegierungen können Allergien auftreten. Das in der Zahnmedizin verwendete Gold wird allerdings in physikalisch-chemisch unkritischen Form eingesetzt. Nachteilige Eigenschaften kommen bei zahnmedizinischer Anwendung von Gold allein schon aufgrund der hohen Stabilität der eingesetzten Legierungen klinisch nicht ohne weiteres zum Ausdruck.


Viele Bestandteile dentaler Legierungen, wie zum Beispiel Chrom, Gallium, Kobalt, Kupfer, Indium, Nickel, Palladium und Vanadium werden jedoch zunehmend kritisch betrachtet. Potentiell schädigende Effekte durch Korrosionsprodukte aus Legierungen sind wissenschaftlich durchaus nachvollziehbar und werden heute ernster genommen als in vergangenen Jahren. Die Liste der klinischen Erscheinungsformen als Folge toxischer Korrosionsbestandteile umfaßt unter anderem Verfärbungen, Geschmacksirritationen, Schleimhautbrennen und Parodontopathien.

Zahnärztliche Untersuchungen

Bestehen Hinweise auf allergische Reaktionen, können vom Zahnarzt wissenschaftlich anerkannte dermatologische Untersuchungen veranlaßt werden. Die Auswahl der jeweils 'optimalen' Zahnersatz-Versorgung mit den geringsten Belastungsrisiken für den Patienten kann nur vom Zahnarzt getroffen werden.



Fazit


Die hohe Sensibilisierung in der Bevölkerung hat dazu geführt, dass im Laufe der Jahre sowohl Zahnärzte, als auch die Dentalindustrie und wir Dentaltechniker intensiv an der Lösung der Problematk gearbeitet haben. Sicherlich ist in diesem sensiblen Bereich noch viel zu tun.


Wenn Sie als Patient Ihren Zahnarzt auf Ihre Sorgen und Bedenken hinsichtlich der Biokompatibilität aufmerksam machen, tragen Sie automatisch Ihren Beitrag an der intensiven Weiterentwicklung bei.